Hunde und Kinder

Hunde sind für Kinder Vertraute, Seelentröster und Spielkameraden. Das Zusammenleben von Kindern und Hunden kann für beide Seiten viele positive Erfahrungen mit sich bringen - damit die Freundschaft ein Leben lang anhält, müssen aber einige Grundregeln beachtet werden.

"Mama, Papa, ich will einen Hund!"

Beinahe jedes Kind kommt eines Tages mit dem Wunsch nach einem Hund nach Hause. Hundehaltung ist allerdings eine Aufgabe, bei der die ganze Familie an einem Strang ziehen muss - die Entscheidung für einen vierbeinigen Gefährten sollte daher einstimmig fallen. Für das Wohl und vor allem die Erziehung des Hundes sind die Eltern zuständig, ein Kind kann und darf diese Verantwortung nicht in vollem Umfang übernehmen.

Nur ein gut erzogener Hund stellt keine Gefahr für das Kind dar: Ein gewisser Zeitaufwand für eine solide Grunderziehung muss daher vor allem in der Anfangszeit eingeplant werden.

Welcher Hund passt zur Familie?

Ob sich ein Hund für ein Leben in der Familie eignet, ist weniger von der Rasse als vom Charakter abhängig. Sehr sensible und ängstliche Hunde sind von Kinderlärm und Trubel schnell überfordert, ein Hund mit einem starken Schutztrieb wird zum Problem, wenn er niemanden mehr an das Kind heranlässt. Für Babys und Kleinkinder kann ein Hund mit ausgeprägtem Jagdinstinkt eine Gefahr darstellen.

Der ideale Familienhund sollte ausgeglichen, geduldig und gutmütig sein: Diese Eigenschaften sagt man unter anderem Rassen wie Golden Retriever, Labrador Retriever, Beagle, Neufundländer, Collie und Berner Sennenhund nach. Es ist allerdings stark von der Zuchtlinie abhängig, ob ein Vertreter dieser Rasse auch tatsächlich seinem Ideal entspricht. Wichtig für die Auswahl des Hundes ist auch, welche Aktivitäten die Familie mit dem Vierbeiner plant: Lauffreudige Hütehunde sind für sportliche Unternehmungen leichter zu begeistern als ein Neufundländer, der es lieber etwas gemütlicher angehen lässt.

Ein Familienhund sollte zudem gut sozialisiert sein, im Idealfall hat er bereits im Welpenalter positive Erfahrungen mit Kindern gemacht. Weniger gut für Familien eignet sich ein bereits ausgewachsener Hund, über dessen Vorleben nicht bekannt ist: Er könnte bereits unangenehme Erfahrungen mit Kindern gemacht haben, die sein Verhalten prägen. Bei der Anschaffung eines Welpen sollte man daran denken, dass dieser in der Anfangszeit sehr viel Zeit und Aufmerksamkeit fordert - die gleichzeitige Betreuung eines Babys und eines Hundewelpen kann zu einer erheblichen Belastung werden.

Der richtige Umgang beugt Bissunfällen vor

Immer wieder werden Kinder von Hunden gebissen - meist von ihnen bekannten, die scheinbar aus heiterem Himmel zu "blutrünstigen Bestien" mutieren. Geht man der Beißattacke auf den Grund, stellt sich in vielen Fällen heraus, dass das Kind den Hund unbewusst zum Biss provoziert oder auf seine Signale nicht richtig reagiert hat. Schon bevor ein Hund ins Haus kommt, sollten Kinder daher den richtigen Umgang mit dem Vierbeiner lernen. Positive Erfahrungen im Kleinkindalter verhindern, dass Kinder Angst vor Hunden entwickeln - auch das Vorbild der Eltern spielt dabei eine große Rolle.

Einige "goldene Regeln", die jedes Kind kennen sollte, beugen Missverständnissen zwischen Mensch und Tier vor:

  1. Hektische Bewegungen und lautes Schreien verunsichern den Hund - er kann sich sogar so erschrecken, dass er zubeißt. Man nähert sich einem Hund daher immer langsam und ruhig, möglichst nicht von vorne, sondern von der Seite.
  2. Einen Hund darf man nie beim Fressen oder Schlafen stören. Aus seiner Sicht darf er sein Futter gegenüber einem Kind durch Knurren oder sogar Zuschnappen verteidigen. Gleiches gilt für ein Spielzeug oder einen Kauknochen, auf dem der Vierbeiner gerade genüsslich herum nagt. Ein aus dem Schlaf gerissener Hund kann sowohl vor Schreck als auch zur Abwehr unvermittelt zubeißen.
  3. Nicht alle Hunde möchten gestreichelt werden: Einen fremden Hund greift man nur mit der Erlaubnis des Besitzers an. Die meisten Vierbeiner mögen es nicht, am Kopf getätschelt zu werden - das Kraulen am Rücken oder an der Seite empfinden sie als weitaus angenehmer.
  4. Anstarren wirkt auf Hunde bedrohlich. Direkten, langen Augenkontakt insbesondere mit fremden Hunden vermeidet man daher besser.
  5. Hunde bekommen Angst, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen und ihnen kein Fluchtweg offensteht. Zieht sich ein Hund in eine Ecke oder auf seinen Schlafplatz zurück, möchte er in Ruhe gelassen werden - fühlt er sich bedrängt und kann nicht flüchten, bleibt ihm als letzter Ausweg nur noch das Zuschnappen. Auch liebevolle Umarmungen können auf den Vierbeiner bedrohlich wirken!
  6. Spielen oder raufen Hunde miteinander, sollte man als Mensch nicht eingreifen: Das gilt für Erwachsene, vor allem aber für Kinder. Tobende Hunde sind nicht zimperlich und zwicken sich auch gerne einmal - was ein Artgenosse durch das Fell kaum spürt, kann bei einem Menschen blutende Wunden verursachen.
  7. Einen Hund an den Ohren oder am Schwanz zu ziehen, ihm in die Nase zu piksen oder ihn gar mit Gegenständen zu bewerfen, ist absolut tabu! Ein gutmütiger Vierbeiner lässt sich von Kindern viel gefallen, irgendwann ist aber seine Geduld erschöpft oder die Schmerzschwelle überschritten. Für einen zum Spielgerät degradierten Hund ist der körperliche Angriff oft der letzte Ausweg aus seiner Misere.
  8. Auch Hunde verhalten sich manchmal falsch, insbesondere, wenn sie schlecht erzogen sind. Läuft ein fremder Hund auf das Kind zu oder springt es gar an, sollte es ruhig bleiben, nicht schreien und nicht weglaufen. In den meisten Fällen steckt eine freundliche Absicht hinter der ungestümen Annäherung, grundlose aggressive Attacken sind äußerst selten.

Um jegliche Gefahr für das Kind auszuschließen, sollten kleine Kinder und Hunde nie ohne Aufsicht zusammen gelassen werden, selbst wenn sie sich gut kennen.

Die Signale des Hundes richtig deuten

Ein gut sozialisierter Hund beißt in der Regel nicht ohne Vorwarnung zu - ein "tätlicher Angriff" ist meist sein letzter Ausweg, wenn seine Drohsignale nicht ernst genommen werden. Hebt der Hund den Kopf, zieht die Lefzen hoch und zeigt seine Zähne, möchte er sagen "Geh weg, lass mich in Ruhe". Hat seine Warnung nicht den gewünschten Erfolg, folgt ein drohendes Knurren. Wenn auch das ignoriert wird, versucht der Hund durch ein "In-die-Luft-Schnappen" seinem Missfallen Ausdruck zu verleihen, bevor er ernsthaft zubeißt. Diese Warnsignale sollte ein Kind kennen, um entsprechend darauf reagieren zu können. Verhält sich ein bisher friedlicher Hund mit einem Mal aggressiv - insbesondere, wenn er angefasst wird - hat er vielleicht Schmerzen. Dies sollte umgehend vom Tierarzt abgeklärt werden.

Wie sieht der Hund das Kind?

Aus der Sicht eines Hundes stellen kleine Kinder keine vollwertigen Rudelmitglieder dar. Ein erwachsener Hund wird daher Anweisungen eines Kindes nur dann befolgen, wenn ihm gerade der Sinn danach steht. Erst mit zunehmendem Lebensalter und einer gewissen körperlichen und geistigen Reife werden Kinder - die dann in der Regel bereits Teenager sind - vom Hund als Respektspersonen anerkannt. Babys und Kleinkinder dagegen sieht er als Welpen an: Ein gutmütiger Vierbeiner wird deshalb in der Regel die ungestüme Annäherung eines krabbelnden Kleinkindes bis zu einem gewissen Grad tolerieren. Es besteht allerdings auch die Gefahr, dass er es - wie im Hunderudel bei übermütigen Welpen üblich - auf Hundeart zurechtweisen möchte, was für das Kind mit schweren Verletzungen enden kann.

So klappt es mit Kind und Hund

Wenn ein Vierbeiner das Familienleben bereichert oder sich bei einem kinderlosen Paar mit Hund Nachwuchs ankündigt, verändert sich der Alltag erheblich. Schon im Vorfeld kann einiges getan werden, damit alle Beteiligten von der neuen Situation profitieren.

1) Ein Hund zieht ein

Es gibt keine Richtlinien, ab welchem Alter des Kindes die Anschaffung eines Hundes sinnvoll ist. Schon kleine Kinder können unter Anleitung in die Betreuung des Vierbeiners einbezogen werden - den Eltern muss aber bewusst sein, dass sie für das Wohl und die Erziehung des Tieres verantwortlich sind. Nur dem Wunsch des Kindes nachzugeben, stellt keine gute Basis für eine langfristig funktionierende Mensch-Tier-Beziehung dar. Schon bevor der eigene Vierbeiner einzieht, sollten Kinder Kontakt zu gut sozialisierten Hunden haben, um den richtigen Umgang mit ihnen zu erlernen und ihre Körpersprache richtig deuten zu können. Etwaige Ängste können im Vorfeld durch positive Erfahrungen abgebaut werden. Wichtig ist hier auch das Vorbild der Eltern, die oftmals durch übertriebene Vorsicht unbegründete Ängste bei Kind schüren. Ist der Hund im neuen Zuhause angekommen, braucht er eine gewisse Zeit, um sich einzuleben: Respektieren Kinder seine Ruhezeiten und -plätze und nähern sich ihm langsam und ruhig an, ist die erste Vertrauensgrundlage bereits geschaffen.

2) Ein Baby kommt!

Bei vielen kinderlosen Paaren nimmt der Hund eine Art "Kinderstatus" ein. Im Alltag mit einem Säugling muss der Hund zwangsläufig etwas zurückstecken: Kündigt sich Nachwuchs an, sollte der Vierbeiner schon vor der Geburt des Babys mit der neuen Situation vertraut gemacht werden. Dazu gehört etwa, dass das zukünftige Kinderzimmer zur Tabuzone erklärt wird und nur noch gemeinsam mit Herrchen oder Frauchen betreten werden darf. Mit Hilfe von Babypuder und anderen Babyutensilien lernt der Hund "babytypische" Gerüche kennen, eine Babypuppe kann das zukünftige Familienmitglied zu Trainingszwecken ersetzen und zu bestimmten Zeiten die volle Aufmerksamkeit der werdenden Mutter beanspruchen. Auch das Spazierengehen mit Kinderwagen und Hund kann man bereits im Vorfeld stressfrei üben.

Kommt die frischgebackene Mama mit dem Baby nach Hause, darf der Hund den Familienzuwachs in aller Ruhe kennenlernen. Nähert er sich dem Baby vorsichtig und beschnüffelt es behutsam, wird er dafür gelobt. Insbesondere Hündinnen neigen dazu, dem Baby über den Kopf oder die Hand zu lecken: Ist der Hund gesund und wird regelmäßig entwurmt, stellt dies aus medizinischer Sicht kein Problem dar.

Damit der Hund nicht das Gefühl hat, in Konkurrenz mit dem Baby treten zu müssen, sollte im Alltag genug Platz für Streicheleinheiten, Spaziergänge und regelmäßige Spielstunden sein. Finden diese in Anwesenheit des Babys statt, fühlt sich der Vierbeiner nicht ausgeschlossen und wird den Familienzuwachs schnell als neues Rudelmitglied akzeptieren. Verhält er sich dem Baby gegenüber auch nach einer gewissen Eingewöhnungszeit immer noch unsicher oder gar aggressiv, sollte ein erfahrener Hundepsychologe zu Rate gezogen werden. Doch auch bei sanftmütigen Hunden gilt: Baby und Hund dürfen nie zusammen alleine gelassen werden!

3) Vom Baby zum Schulkind

Auch wenn das Baby in den ersten Monaten die volle Aufmerksamkeit der Eltern fordert, sollten diese den Hund immer gut im Auge behalten, um Veränderungen in seinem Verhalten nicht zu übersehen. Dazu gehört auch ein übertriebener Schutzinstinkt: Dieser kann so weit gehen, dass der Vierbeiner niemanden mehr an das Baby heranlässt. In diesem Fall ist aus der Sicht des Hundes die Rangordnung unklar - steht die Führungsrolle der Eltern außer Zweifel, wird er sich nicht verpflichtet fühlen, die Verantwortung für das Baby zu übernehmen.

Eine neue Phase beginnt, wenn das Kind zu krabbeln anfängt. Die zunehmende Mobilität des Krabbelkindes und sein "handgreifliches" Interesse am Hund können diesen verunsichern und Abwehrverhalten auslösen. Wird das Kind zu ungestüm, möchte der Vierbeiner es vielleicht nach Hundeart maßregeln: Bereits bei den ersten Ansätzen müssen die Eltern dem Hund klar machen, dass ausschließlich sie für die Erziehung ihres Nachwuchses zuständig sind. Weiteres Konfliktpotential bieten die Ruheplätze des Hundes und sein Spielzeug: So wie Kinderbett und Babyspielzeug für den Vierbeiner tabu sind, darf sich das Kleinkind nicht am "Eigentum" des Hundes vergreifen. Auch hier liegt es in der Verantwortung der Eltern, klare Grenzen zu ziehen. Bei den ersten Schritten des Kindes möchte der Hund nicht als Stütze missbraucht werden, und er wird es vermutlich wenig schätzen, wenn das stürzende Kind plötzlich auf ihn purzelt: Um in solchen potentiellen Gefahrensituationen rasch eingreifen zu können, müssen die Eltern Hund und Kind stets im Auge behalten.

Eine weitere sensible Phase ist das Kindergartenalter, in dem das Kind alles ausprobiert und seine Grenzen austestet. Im Alter von vier Jahren sollte es bereits wissen, wie ein Hund berührt werden möchte und wann man in besser in Ruhe lässt - dennoch kann der Hund seinen zunehmenden Forscherdrang schmerzhaft zu spüren bekommen. Auch hier sind wieder die Eltern gefordert, Hund und Kind nicht aus den Augen zu lassen.

Ab dem Schulalter sind Kinder in der Lage, ein gewisses Maß an Verantwortung für ein anderes Lebewesen zu übernehmen und können unter Aufsicht in die Betreuung des Hundes eingebunden werden. Es gibt keine allgemein gültige Regel, ab wann ein Kind mit dem Hund alleine gelassen werden darf - bei dieser Entscheidung müssen die Eltern den Charakter des Hundes und den Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigen. Im Zweifelsfall sollte man diesen Schritt lieber etwas länger hinauszögern, um kein Risiko einzugehen. In manchen Bundesländern gibt es gesetzliche Vorschriften, ab welchem Alter ein Kind alleine mit dem Hund spazieren gehen darf - in jedem Fall muss es geistig und körperlich in der Lage sein, den Vierbeiner auch in Gefahrensituationen sicher zu führen.

Literaturempfehlungen / Quellen

So klappt´s mit Kind und Hund (Cadmos Hundepraxis), Dagmar Cutka, Cadmos Verlag, 2009

Kind trifft Hund: Mit Sicherheit ein gutes Team (Die Hundeschule), Manuela van Schewick, Verlag Müller Rüschlikon, 2014

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Autorin Regine Schineis

"Ein Leben ohne Tiere ist möglich, aber sinnlos." So lautet das Lebensmotto der Tierpsychologin und Autorin Regine Schineis, die gemeinsam mit Mann und Tieren in der Steiermark zu Hause ist.