Cauda Equina Syndrom bei Hunden

Das Cauda Equina Syndrom wird auch als Schäferlähme oder in der medizinischen Fachsprache als Lumbosakralstenose, beziehungsweise degenerative lumbosakrale Stenose - DLSS bezeichnet. Diese neurologische Erkrankung betrifft speziell Hunde der größeren und schwereren Rassen (Gewicht mehr als 20 kg). Besonders anfällig sind Boxer, Rottweiler, Deutscher Schäferhund, Riesenschnauzer, Siberian Husky sowie Dobermann im mittleren bis fortgeschrittenen Lebensalter. Oft bleibt die Erkrankung zunächst unerkannt oder wird mit anderen degenerativen Prozessen aus dem Bereich der Arthrosen verwechselt. Tatsächlich begleitet ein Abnutzungsprozess in Arthrose-Form das Cauda Equina-Syndrom häufig. Es bildet sich aber dann durch eine spezifisch neurologische Erscheinung ein ganz eigenes, schwerwiegendes Krankheitsbild aus.

Was ist das Cauda Equina Syndrom?

Bei der Erkrankung tritt eine Verengung der Nervenwurzeln im Bereich des Übergangs der Lendenwirbel zum Kreuzband auf. Die entsprechenden Nerven werden dadurch komprimiert. Meist ist der Übergang vom Lendenwirbel S7 zum Kreuzwirbel S1 betroffen. Unter Umständen erscheint das Syndrom auch im Bereich der Lendenwirbel L6-L7. Anatomisch bezeichnet die Cauda Equina - lateinisch für Pferdeschweif - den Bereich am Ende des Rückenmarks. Es befinden sich dort die Wurzeln mehrerer Nervenstränge, die vor allem die Motorik und Sensibilität der Hinterläufe sowie der beteiligten Muskulatur im Ruten- und Schließmuskelbereich des Enddarms beherrschen. Beim Mensch wird eine ähnliche Ersscheinung gern laienhaft als "eingeklemmter Nerv" betitelt. Diese etwas lapidare Bezeichnung verschafft dem Hundehalter einen oberflächlichenEindruck davon, mit welchen Schmerzen und neurologischen Ausfällen das betroffene Tier bei einem Cauda Equina Syndrom unter Umständen zu kämpfen hat. Vor allem bewahrt es den Tierhalter hoffentlich davor, diese Erkrankung zu leicht zu nehmen.

Symptome der Cauda Equina

Vielfach entwickelt sich eine Schäferlähme schleichend und über einige Zeit hinweg.
Erst wenn das erkrankte Tier starke Schmerzen hat, werden die meisten Halter aufmerksam. Es können Lahmheiten im Bereich der Hinterläufe auftreten, entweder abwechselnd auf jeweils einer Seite oder aber auf beiden Seiten gleichzeitig. Oft wird der Gang des betroffenen Hundes ungelenk und steif. Manche Hunde beißen und kauen ihre Rute oder lecken ihr Hinterteil. Bei Bewegungsabläufen kommt es zu einem zögerndem Absprungsverhalten, das Überspringen von Hürden wird vielfach gemieden. Häufig hat das Tier große Schwierigkeiten sich aus dem Sitzen oder Liegen aufzurichten und sich im hinteren Körperbereich zu strecken.
Erkrankte Hunde verweigern unter Umständen plötzlich den Sprung in den geöffneten Kofferraum des Autos oder auf ein Sofa. Auch Treppensteigen kann verweigert werden. Strengt sich das Tier körperlich besonders an, verschärft sich die Symptomatik vielfach, und der Hund gibt dann auch kurze Schmerzlaute in Form von Wimmern oder Aufheulen von sich. Besonders wenn seine Hinterläufe oder der hintere Rücken berührt werden, beziehungsweise bewegt werden, geben die betroffenen Hunde Laut. Die Symptome wechseln und sind zunächst nicht andauernd zu erkennen. Unter Umständen erscheint das Tier zwischenzeitlich wieder recht normal zu agieren.

Schreitet das Cauda Equina Syndrom unbehandelt fort, werden Nervenfunktionen dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen. Die Rute bleibt dann vielfach nach unten hängend versteift - Hammelschwanz - und kann kaum mehr bewegt werden. Die Hinterfüße schleifen über dem Boden, das Krallenhorn der Hinterfüße zeigt dann einen charakteristischen schrägen Anschliff. Am Ende treten Lähmungserscheinungen der Hinterläufe und auch der Schließmuskeln im Blasen- sowie Darmbereich auf. Das Tier wird zunehmend inkontinent. Es leidet unter sehr starken Schmerzen und quält sich sichtlich.

Diagnostik

Verdächtige Symptome in Richtung Cauda Equina Syndrom gehören unbedingt in die Hände eines erfahrenen Tierarztes. Die Erkrankung ist in der manuellen Untersuchung schwer von anderen Erkrankungen des Bewegungsapparats zu unterscheiden. Als Anhaltspunkt kann etwa gelten, dass Hunde mit der Schäferlähme erheblich stärkere Abwehrreaktionen bei einer durch den Arzt versuchten Streckung der Hinterläufe zeigen, als etwa bei der HD oder normalen Arthrose. Ein Daumendruck im Bereich der Cauda Equina ruft bei erkrankten Hunden häufig erhebliche Schmerzsymptome hervor, die auch deutlich geäußert werden. Es werden vom Veterinär eine ganze Reihe neurologischer Funktionen abgeprüft.
Letzte Klarheit schaffen heute Röntgenaufnahmen und besonders die Computertomographie. Gerade letztere kann auch die entsprechenden degenerativen Veränderungen bis in Detail lokalisieren, auch mögliche Bandscheibenvorfälle im Bereich des Übergangs von Lendenwirbeln zum Kreuzband ebenfalls ausleuchten. Beim Röntgen werden mit dem digitalen Röntgen bessere Ergebnisse erzielt als mit herkömmlichen Aufnahmen. Auch spezielle Röntgen-Verfahren wie die Myelographie zum Ausschluss eines Bandscheibenvorfalls, beziehungsweise sogenannte Epidurographien - das sind Röntgenuntersuchungen des Wirbelkanals mit Kontrastmittel - können notwendig sein. Es ist sehr wichtig, genau zu erfahren, was dort im Bereich der Wirbelsäule genau passiert ist und die neurologischen Veränderungen hervorgerufen hat, um die Erkrankung erfolgreich behandeln zu können. Bereits die Untersuchung bei der Schäferlähme muss vielfach in Narkose des Hundes durchgeführt werden. Gerade bei älteren Tieren birgt das immer ein eigenes Risiko für ein Kreislauf- oder Herzversagen, man spricht hier wie beim Menschen vom Narkoserisiko.

Ursachen der Schäferlähme

Das Cauda Equina Syndrom kann durch verschiedene Ursachen entstehen.
Entzündliche Infektionen mit Gewebeveränderungen, traumatische Bandscheibenvorfälle, Tumore und degenerative, arthritische Veränderungen in diesem sensiblen Körperbereich können auf die Nervenwurzeln drücken. Bei der Arthrose kommt es häufig zu knöchernden Wucherungen an den Wirbelkörpern, die raumbildend die Nervenwurzel einklemmen können. Beim Bandscheibenvorfall schiebt sich Wirbelmasse raumgreifend in die Wirbelgänge, was in dem empfindlichen Bereich der Cauda Equina oft ausreicht, um den Nervenkanal zu verengen.

Behandlung des Cauda Equina Syndroms

Die Behandlung richtet sich nach der Schwere des Syndroms. In leichten Fällen kann medikamentös mit entzündungs- sowie schmerzlindernden Injektionen unter Ruhigstellung des Hundes für einige Wochen versucht werden, eine Besserung zu erreichen. Treten bereits neurologische Ausfälle auf, oder sind die Schmerzzustände merklich schwer, so bleibt nur ein operativer Eingriff.

Mit der sogenannten dorsalen Laminektomie wird eine Entlastung der eingedrückten Nervenwurzeln erreicht. Es handelt sich um einen komplexen chirurgischen Eingriff. Unter Entfernung von kleineren Anteilen des knöchernen Wirbelkanals, müssen die Nervenwurzeln freigelegt werden. Bei einem Bandscheibenvorfall muss das vorgefallene Gewebe entfernt werden. Unter Umständen werden Knochenwucherungen abgefräst und die Nervenwurzelkanäle geöffnet, um den Druck von den Nerven zu nehmen.

Entlastetes Nervengewebe kann vollständig ausheilen, so dass auch die gestörten neurologischen Funktionen wiederkehren können. Nicht immer kann eine Heilung zu 100 % erreicht werden, jedoch zumindest ist das Tier nach der OP regelmäßig schmerzfrei.

Voraussetzung einer völligen Wiederherstellung der Bewegungsfähigkeit ist, dass der Hund nach der OP mehrere Wochen ruhiggestellt wird.

Sind Tumore für das DLSS verantwortlich, wird man versuchen, auch diese operativ zu entfernen. Ist das nicht möglich, kann häufig nur eine Weile symptom- und schmerzlindernd behandelt werden.

Prognose

Die Heilungsaussichten bei der Schäferlähme sind von den Umständen des Einzelfalls und dem Gelingen einer Operation in schweren Fällen abhängig. Auch der Halter kann viel zum Gelingen beitragen, wenn er das Tier nach der OP angemessen ruhigstellt und ihm in dieser Zeit besondere Fürsorge sowie Aufmerksamkeit angedeihen lassen kann.

Alternative Behandlungsmethoden

Im physiotherapeutischen Bereich gelingt es zuweilen, durch therapeutisches Schwimmen den Druck von der Nervenwurzel zu lösen. Zumindest gilt dies in leichten Fällen. Begleitend hilft alles aus dem naturkundlichen Bereich, was schmerz- und entzündungshemmend ist. Zu denken ist hier an Weihrauch Kapseln oder Teufelskrallen-Extrakt. Jedoch werden so meist nur die Symptome gelindert und nicht die Ursache bekämpft. Auch sollte immer der Tierarzt aufgesucht werden, wenn nur die Möglichkeit einer gedrückten Nervenwurzel besteht.

Vorbeugende Maßnahmen

Eine Schäferlähme kann das Ergebnis einer physischen Überlastung sein. Große, schwere Rassen sollten beim Laufen und Springen nicht überfordert werden. Rassen insbesondere aus den Familien der großen Lagerhunde und Molosser eignen sich nicht für alle Formen des Hundesports und auch nicht für das stundenlange, angeleinte Traben am Fahrrad. Schwimmen, forsches Gehen und leichter Trab im eigenen Tempo des Hundes sind diesen Rassen angemessener. Selbst der umtriebige Deutsche Schäferhund sollte neben Forderung bei Arbeit und Spiel auch Schonung erfahren. Achtsame, erfahrene Hundehalter dämpfen behutsam das Temperament überaktiver Hundetypen, die von sich aus kaum zur Ruhe kommen können. Besonders der junge Hund sollte nicht überlastet werden, wenn seine Wirbelsäule noch sehr weich und verletzlich ist. Es versteht sich außerdem von selbst, dass Übergewicht bei den entsprechend anfälligen Rassen unbedingt vermieden werden muss. Achtsame Hundehalter erkennen früh, wenn im Bereich der Hinterhand etwas nicht stimmt. Je früher das Cauda Equina Syndrom festgestellt wird, desto besser ist die Prognose, und desto eher kann auch eine Operation vermieden werden.

Cauda Equina Syndrom ist eine ernste Erkrankung

Es handelt sich um ein schweres neurologisches Syndrom, das sehr schmerzhaft ist und unbehandelt regelmäßig bis zur völligen Lähmung der Hinterhand führt. Am Ende würde nur noch das Einschläfern bleiben. In früheren Zeiten war dies oft auch der einzige Weg, das Leiden des Hundes zu beenden.

Moderne diagnostische und operative Verfahren eröffnen heute vielfach den Weg einer Heilung. Deshalb ist eine tierärztliche Behandlung unabdingbar. Kein Tierhalter sollte den Besuch beim Veterinär aufschieben, wenn er bei seinem Hund Bewegungseinschränkungen im Bereich der unteren Wirbelsäule oder gar neurologische Ausfälle beobachtet.

Quellen

Autorinbild
Autor: Thomas

Etwa 8 Mio. Hunde leben in deutschen Haushalten - gesorgt wird sich um die Vierbeiner wie um das eigene Kind. Mit dieser Seite möchte ich euch gern leicht verständliche Informationen rund um die Hundegesundheit zur Verfügung stellen. Zur Seite steht mir eine Tierheilpraktikerin, die das ganze fachlich abrundet.